Der Nahe Osten – Arbeit und Sicht eines Kriegsreporters

Wie bereitet man sich als Journalist auf eine Reise in ein Kriegsgebiet vor? Und wer oder was ist ein Fixer? Auf diese und viele weitere Fragen ging Konstantin Flemig, Autor, Dozent und Kriegsreporter, in einem Online-Seminar des Arbeitskreises für Sicherheitspolitik an der Universität Münster ein.

Konstantin Flemig ist Autor, Dozent und Kriegsreporter. Neben seiner Haupttätigkeit bei ZDF Digital ist er mehrfach in Krisenregionen im Nahen Osten, in Afrika und in Ost-Europa vor Ort gewesen, um als freiberuflicher Journalist Dokumentarfilme und Reportagen zu drehen. Sein aktueller Beitrag über den Krieg in Syrien ist auf YouTube zu sehen. In der Online-Veranstaltung des Arbeitskreises für Sicherheitspolitik an der Universität Münster (ASIUM) am 29.04.2021 berichtete er über den Arbeitsalltag des Konflikt-Journalismus und illustrierte anhand von spannenden Anekdoten und eindrucksvollen Filmaufnahmen die Herausforderungen, die dieser Beruf mit sich bringt.

 

Gefahr war das Stichwort, das die Teilnehmenden zum Auftakt der Veranstaltung am meisten mit dem Beruf eines Kriegsreporters assoziierten und das zum wiederkehrenden Thema der Veranstaltung wurde. Zum Einstieg des Vortrages zeigt Flemig einige Selfies von seinen Reportagen, die ihn meist in schusssicherer Kevlarweste und Stahlhelm zeigen, die zu den wichtigsten Bestandteilen der Ausrüstung eines Kriegsjournalisten zählen. Dazu kommt eine Vielzahl an Kamera- und Tonequipment, inklusive einer 360 Grad Kamera und einer Drohne.

 

Bei der Vorbereitung und Planung eines Reportageneinsatzes betont Flemig die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Region. Durch Literaturrecherche und Gespräche mit Kolleg*innen verschafft er sich vorab ein Verständnis für die Region, deren Geschichte und Kultur. Er zeigt jedoch auch, dass oft nicht alles nach Plan geht und vor Ort improvisiert werden muss. Flemig hebt besonders die Rolle der sogenannten „Fixer“ oder „Stringer“ hervor, welche als lokale Journalisten oder Aktivisten mit guten Ortskenntnissen Kontakte herstellen und die Sicherheitslage einschätzen können.

Auch konnte Flemig bei der Veranstaltung eigenes Filmmaterial zeigen, das an der Front in Mossul entstanden war, als die irakischen Streitkräfte 2017 die zweitgrößte Stadt im Irak vom sogenannten Islamischen Staat zurückeroberten. Er geht auf das Dilemma von Kriegsjournalisten ein, die eigene Sicherheit mit dem Ziel, die bestmöglichen Aufnahmen zu bekommen, zu vereinbaren. Gleichzeitig geht er auf die teilweise absurden Momente ein, wenn er beispielsweise mit Gefechtsgeräuschen im Hintergrund mit den Soldaten über Fußball diskutiert.

 

Zuletzt konnten die Teilnehmenden Flemig ihre eigenen Fragen stellen. In der anschließenden Diskussion wurde weiter auf die Rolle der „Fixer“ eingegangen, die in der Berichterstattung oft wenig Anerkennung erhalten. Interessant ist auch die Marktdynamik, wonach die Tagesgehälter von Fixern stark davon abhängen, wie stark das Interesse von großen amerikanischen Medienhäusern an einem Konflikt ist. Er argumentiert, dass der Kriegsjournalismus auch in Zeiten von Smartphones weiterhin relevant bleiben wird, um besonders in der deutschsprachigen Medienlandschaft Konflikte differenziert und verständlich abzubilden. Dabei plädierte er für eine Ausweitung der öffentlich-rechtlichen Auslandsberichterstattung. Bei Fragen über den Beruf geht er darauf ein, dass Konfliktjournalismus definitiv keine strikte Männerdomäne sei und dass Frauen teilweise den Vorteil hätten, zwei Welten in einem Konflikt kennen zu lernen. Besonders im Nahen Osten haben sie einen Zugang zur weiblichen Bevölkerung, der den männlichen Kollegen oft in verwehrt wird. Flemig beschreibt die Schwierigkeiten damit, den Beruf als Kriegsreporter mit seinem Privatleben, Familie und mentaler Gesundheit in Einklang zu bringen, sowie die Überwindung der eigenen Emotionen zugunsten einer ehrlichen Berichterstattung.

 

Abschließend erklärte Flemig, dass er Kriegsreporter geworden ist, um in der Gesellschaft Aufmerksamkeit für Ereignisse zu schaffen, die sonst gar nicht oder nur wenig thematisiert werden würden. Trotz der Frustration, die oft mit diesem Beruf verbunden sein kann, will Flemig seine Arbeit nach der Pandemie fortführen, sei es in Afghanistan, Irak oder auf Lesbos, um die Geschichten der Menschen, die sich hinter den Schlagzeilen verbergen, zu erzählen.

 

Wir danken Konstantin Flemig sehr für diesen spannenden Einblick in das Leben eines Kriegsreporters!