Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik China sind beide im Jahr 1949 gegründet worden, unterscheiden sich jedoch fundamental in ihrem politischen System, ihrem Verhältnis zur Demokratie und zu ihren Bürgern. Nichtsdestotrotz unterhalten beide Staaten seit Jahrzehnten eine einzigartige Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und politischen Fragen, die in letzter Zeit aber vermehrt auf die Probe gestellt wird. Über die Dilemmata und Herausforderungen, die sich angesichts einer neuen globalen Bipolarität zwischen den USA und China ergeben, sprach Prof. Dr. Sven Bernhard Gareis in einem Online-Vortrag für die Mitglieder von ASIUM am 24.06.2021. Gareis ist selbst Experte für deutsche Außen- und Sicherheitspolitik, beschäftigt sich bereits seit über 30 Jahren mit China und hat in Peking in der deutschen Botschaft und als Dozent auf Taiwan gearbeitet.
Deutschland befinde sich nun laut Gareis in einer schwierigen Situation. Mit einem Handelsvolumen von 212 Milliarden Euro im Jahr 2020 ist China Deutschlands wichtigster Handelspartner und tausende deutsche Unternehmen sind auf dem chinesischen Markt aktiv – oder hängen sogar von ihm ab. Die deutsche Wirtschaft habe durch den Handel mit China in den letzten Jahrzehnten stark profitiert, dafür jedoch Technologieabfluss an chinesische Firmen und die Entstehung von Abhängigkeiten riskiert. Trotz der zunehmenden Spannungen zwischen China und dem Westen, sei an ein „Decoupling“, das komplette Loslösen von China, jedoch nicht zu denken. Um nicht zum Spielball des sich anbahnenden sino-amerikanischen Konfliktes zu werden, müsse Deutschland alles daransetzen, eine gemeinsame europäische Position vis-à-vis China zu schaffen, in der die eigenen Interessen ohnehin am besten aufgehoben sein. Wie mit Chinas Menschenrechtsverletzungen und seinem wachsenden internationalen Einfluss umgegangen werden kann und wie man weiterhin in Bereichen wie dem Klimaschutz kooperieren kann, wird die große Herausforderung der nächsten Jahre werden. Laut Gareis werden die Beziehungen weiterhin durch eine „cooperative rivalry“ geprägt sein. Eine Blockkonfrontation sei zu vermeiden, da es hier nur Verlierer geben könne.